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Sidley Updates

Die “DiGA” Erfolgsgeschichte - Deutschland ist Vorreiter beim Marktzugang und der Kostenerstattung für Gesundheitsapps

Dezember 10, 2021

Die Vorteile der Digitalisierung für den Gesundheitssektor sind inzwischen weitestgehend anerkannt, doch es bleibt eine Herausforderung, diese Entwicklungen tatsächlich auf den Markt und zu den Patienten zu bringen. Die EU-Kommission erarbeitet derzeit rechtliche Rahmenbedingungen für die „Digitale Transformation“, welche u.a. die Bereiche Datenschutz, Medizinprodukte, künstliche Intelligenz und die Bewertung von Gesundheitstechnologien umfasst. Die nordeuropäischen Mitgliedstaaten gehen bei der elektronischen Patientenakte und beim elektronischen Rezept mit großen Schritten voran, und das Vereinigte Königreich ist bereits auf dem Weg zu einer breit angelegten und von der Covid-19 Pandemie vorangetriebenen telemedizinischen Patientenversorgung und Fernbehandlung chronischer Krankheiten. Deutschlands DiGA Fast-Track-Verfahren ist ein positives Beispiel für innovationsfördernde Regulierung in Sachen Marktzutritt für digitale Gesundheitsapps.

Mit dem „Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation“ (Digitale-Versorgung-Gesetz - DVG) wurde in Deutschland das DiGA Fast-Track-Verfahren für die schnelle Zulassung, Prüfung und Erstattung von digitalen Gesundheitsanwendungen eingeführt. Ziel ist es, innovativen Gesundheitsapps den Weg in die reguläre Gesundheitsversorgung und somit die Erstattungsfähigkeit durch gesetzliche Krankenkassen zu ebnen. Gesundheitsapps, die als Medizinprodukte der Klassen I und IIa eingestuft sind, können einen beschleunigten Marktzugang beantragen und nach erfolgreichem Abschluss einer maximal dreimonatigen Prüfphase in das DiGA-Verzeichnis für erstattungsfähige digitale Gesundheitsapps aufgenommen werden. Als „App auf Rezept" sind sie dann unmittelbar für rund 73 Millionen gesetzlich versicherte Patienten in Deutschland, dem größten europäischen Gesundheitsmarkt, verfügbar.

Um in das DiGA-Verzeichnis aufgenommen zu werden, muss eine Gesundheitsapp u.a. datenschutzrechtliche Vorgaben, Interoperabilitätsstandards und Anforderungen an die Nutzerfreundlichkeit erfüllen sowie einen positiven Versorgungseffekt hinreichend nachweisen, vgl. die Verordnung über das Verfahren und die Anforderungen zur Prüfung der Erstattungsfähigkeit digitaler Gesundheitsanwendungen in der gesetzlichen Krankenversicherung (Digitale Gesundheitsanwendungen-Verordnung - DiGAV). Für eine endgültige Aufnahme in das Verzeichnis muss der DiGA-Hersteller einen positiven Versorgungseffekt durch eine in Deutschland durchgeführte wissenschaftliche Vergleichsstudie nachweisen. Es ist allerdings möglich, dass eine DiGA für eine einjährige Testphase, in der der Hersteller die besagte Studie durchführen und den „positiven Versorgungseffekt" nachweisen kann, vorläufig gelistet und auf dem Markt verfügbar gemacht wird. Unabhängig von der Art der Listung ‚ also vorläufig oder endgültig, ist eine gelistete DiGA in Deutschland voll erstattungsfähig.

Derzeit konzentriert sich das DiGA Fast-Track-Verfahren auf Medizinprodukte der Klassen I und IIa mit niedrigem und mittlerem Risiko. Mit der inzwischen geltenden EU-Medizinprodukteverordnung (Verordnung (EU) 2017/745) werden jedoch viele Apps in höhere Risikoklassen eingestuft. Daher ist es wahrscheinlich, dass das DiGA-Verfahren bald auch auf DiGAs höherer Risikoklassen ausgeweitet wird.

DiGAs werden als ein Eckpfeiler der umfassenden Digitalisierung des Gesundheitssystem angesehen und dürften in Zukunft eine wesentliche Rolle im Gesundheitswesen spielen, vgl. u.a. die Kommentare des ehemaligen Bundesgesundheitsministers auf der Website des BfArM und ein Positionspapier des Bundesverbands der Arzneimittelhersteller.

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat kürzlich Pläne angekündigt, Gesundheitsapps rezeptpflichtig über die gesetzlichen Krankenkassen zur Verfügung zu stellen und das deutsche DiGA Fast-Track-Verfahren ggf. nachzubilden. Letzteres wird als Musterbeispiel für weitere Entwicklungen auf europäischer Ebene angesehen. Die Harmonisierung digitaler Gesundheitssysteme könnte die Entwicklung eines gemeinsamen europäischen digitalen Gesundheitssystems vorantreiben, insbesondere im Hinblick auf vergleichbare Anforderungen an die Interoperabilität.

Für 2022 ist von einem starken Anstieg an Anträgen für das DiGA Verfahren auszugehen. Die Hersteller von Gesundheitsapps sollten das DiGA Fast-Track-Verfahren prüfen und für ihre digitalen Gesundheitsapps in Erwägung ziehen.

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